Die Erschließung des Kreises Namslau durch die Eisenbahn
R. Obernik.


Mit der vorliegenden Karte soll in ähnlicher Weise, wie es im Heimatkalender 1929 für dm Kreis Oels geschah, die Erschließung des Kreises Namslau durch die Eisenbahn gezeigt werden. Zunächst sei der Kreis in dieser Hinsicht mit dem Reiche verglichen. (Abgerundete Zahlen.) Das Deutsche Reich hat eine Eisenbahndichte von 120 Meter auf 1 Quadratkilometer. Da der Kreis Namslau bei einem Flächeninhalt von 500 Quadratkilometer etwa 50 Kilometer Eisenbahnen besitzt, entfallen hier nur 100 Meter Eisenbahn auf 1 Quadratkilometer. Soll der Reichsdurchschnitt erreicht werden, dann müßte der Namslauer Kreis 60 Kilometer Streckenlänge aufweisen. Mit dem nun wohl in absehbarer Zeit zu erwartenden Bau der Strecke Brieg-Namslau-Gr.-Wartenberg würde ein Streckengewinn von mindestens 15-20 Kilometer verbunden sein, so daß sich die Verkehrslage bedeutend verbessern würde. Wenn man die Streckenlänge an der Einwohnerzahl mißt, ist der Kreis Namslau bei seiner geringen Bevölkerungsdichte (62 Bewohner auf 1 Quadratkilometer gegen 136 im Reich) scheinbar günstiger gestellt als das Reich; er hat auf 1000 Einwohner 1,6 Kilometer, das Reich nur 0,9 Kilometer Eisenbahnen. Wäre die Bevölkerungsdichte ebenso wie im Reiche, dann würde auch hier ein Zurückbleiben festzustellen sein.
Die Karte läßt nun erkennen, wie die einzelnen Dörfer des Kreises Namslau mit der Eisenbahn in Berührung gelangen. Der Grad der Berührung, der sich in der Entfernung zur, Eisenbahnstation ausdrückt, ist aus der verschieden gearteten Füllung der Kreisringe zu ersehen. Zu beachten ist, daß es sich hier um die Luftlinie handelt, die von der wirklichen Entfernung mehr oder weniger übertroffen wird. Zur leichteren Auffindung sind die Dörfer in ihrer hervortretenden Anlageform eingezeichnet. Dies ist bei den lang gestreckten Dörfern, z. B. Glausche, Strehlitz, Wilkau, darum besonders wichtig, weil innerhalb eines solchen Dorfes große Entfernungsunterschiede bestehen. So hat Wilkau einen Bahnhof, und doch sind die letzten Häuser im Norden 4 Kilometer von ihm entfernt, während das Nachbardorf Damnig in nur 2 Kilometer Entfernung legt. Überblickt man die Karte als Ganzes, so ist festzustellen, daß die Eisenbahnferne im Norden des Kreises mit 7 bis 11 Kilometer am größten ist; dann folgt ein Streifen im Südwesten 6-8 Kilometer. Die Dörfer in den übrigen Teilen liegen durchweg noch innerhalb der 6-Kilometer-Luftlinie. Die große Eisenbahnferne im Norden ist zum Teil durch den Verlust des Reichthaler Ländchens hervorgerufen. Glausche ist beispielsweise von 3 Kilometer (Bahnhof Reichthal) in eine Verkehrsferne von durchschnittlich 7 Kilometer (Bahnhof Buchelsdorf) gerückt.
Für die Beurteilung der Eisenbahn-Verkehrslage ist es von Wichtigkeit, neben der Entfernung von der nächsten Station auch die Anzahl der Züge, die täglich durchkommen, in Betracht zu ziehen; die Stationen haben folgende Zugzahlen: Wilkau 16, Namslau 32, Grambschütz, Noldau 13, Simmelwitz, Nassadel, Eckersdorf, Dammer 10, Giesdorf, Buchelsdorf 6, Mangschütz, Rogelwitz 10 und Karlsmarkt 14. Die einzelnen Orte des Kreises sind von ihren Bahnhöfen entfernt:

Bis 2 Kilometer: Grambschütz, Damnig, Altstadt, Böhmwitz, Simmelwitz, Lankau, Nassadel, Eckersdorf, Dammer, Noldau, Salesche,Giesdorf, Reichen, Buchelsdorf, Haugendorf, Belmsdorf;
bis 3 Kilometer: Ellguth, Deutsch.Marchwitz, Sandvor- werk, Städtel, Dziedzitz, Jauchendorf, Michelsdorf, Neuvorwerk;
bis 4 Kilometer: Wilkau, Gr.-Marchwitz, Paulsbrunn, Hönigern, Schwirz, Groditz, Sterzendorf, Sophiental, Bachwitz, Erdmannsdorf, Strehlitz, Wallendorf, Lorzendorf;
bis 5 Kilometer: Neu-Marchwitz, Minkowsky, Hammer, Böhlitz, Bankwitz, Sbitze, Piecziske, Steinersdorf, Johannsdorf, Polkowitz, Obischau, Krickau;
bis 6 Kilometer: W. Marchwitz, Hessenstein, Grüneiche, Gühlchen, Wenziotte, Hennersdorf.Jakobsdorf, Kaulwitz; bis 7 Kilometer: Mütchen, Saabe, Oschek, Sor-
zow, Eisdorf;
bis 8 Kilometer: Niefe, Schmograu;
bis 9 Kilometer: Paulsdorf, Glausche (4-9);
bis 10 Kilometer: Sbitke.
Die geplante neue Bahn wird voraussichtlich die verkehrsfernsten Teile des Kreises berühren und würde so mit einem Schlage die Erschließung des Geländes beträchtlich verbessern. Es gäbe dann kaum noch einen Qrt im Kreise, der über 6 Kilometer (Luftlinie) von seiner Station entfernt ist.
Wünschen wir, daß dieser Zeitpunkt recht nahe ist!
Quelle: Heimatkalender für die östlichen Grenzkreise, 1930