Reichthal wird von den Polen besetzt.

Paul Krause.



Im Juni l9l9 hörte man die Nachricht "Reichthal und Umgebung fällt laut Friedensvertrag ohne Abstimmung an Polen". Obwohl bei den hiesigen Kreisverwaltungsstellen sowie auch bei der betr, Regierungsstellen in Breslau bis dahin von dieser Hiobspost nichts bekannt war bewahrheitete sich doch diese Nachricht. Es wurden sofort alle Maßnahmen getroffen, diese Bestimmung des Friedensvertrages rückgängig zu machen., Telegramme wechselten mit der Friedenskom mission , Nachweise wurden erbracht, daß das Reichthal immer deutsches Land war, Probeabstlmmungen wurden vorgenommen, mehr als 93% gaben ihr Stimme für Deutschland ab. Alle Bemühungen waren aber vergeblich. So kam der Tag, der 19.Januar 1920, an welchem die Polen vor dem urdeutschen Land dem Reichthaler Ländchen Besitz nahm und in Reichthal einzogen.
Es war Mittag gegen 11 Uhr, als eine Kompanie, geführt von einem Major, die Stadt besetzte. Reichthal war wie ausgestorben, kein Mensch war auf der Straße zu sehen. Totenstille herrschte in dem sonst regen Städtchen, sodass der Führer der Kompanie die Worte äußerte:" Ich habe hinter jedem Fenster ein Maschinengewehr gewittert. ". Auf dem Ringe folgte dann ein Parademarsch. Der Bürgermeister wurde zum Major befohlen. Er verließ jedoch nicht sein Arbeitszimmer und ließ den Auftraggeber sagen: " Ich habe Sie nicht herbestellt und wenn Sie mich sprechen wollen, dann stehe ich zur Verfügung". Darauf erfolgte seine Festsetzung, indem ein Doppelposten vor seine Tür gestellt wurde. Auf Vermittlung durch die Stadtverordneten wurde der Haftbefehl jedoch aufgehoben. Alle Ausgänge der Stadt nach der Deutschen Grenze wurden alsbald besetzt und so hörte Reichthal auf, ein deutsches Städtchen zu sein. Bald kam der Befehl, alle öffentlichen Gebäude haben zu flaggen. Auf den Hinweis, Reichthal besitze als deutsches Land keine polnische Flagge, mußte der schwarze Streifen von der schwarz-weiß-roten Fahne abgetrennt und die dadurch entstandene polnische Flagge zwangsweise gehißt werden. Alle Bemühungen, diese furchtbare Vergewaltigung ungeschehen zu machen und Reichthal wieder dem Deutschen Reiche zuzuführen, wurden fortgesetzt. Kommissionen, bestehend aus Engländern, Franzosen, Italienern, Japanern überzeugten sich selbst von dem Unrecht, das hier offen zu Tage trat und erkannten es auch an, aber unsere Bitten, diesen Schandparagraph des Friedensdiktates rückgängig zu machen, wurden abgelehnt mit der Begründung:" Es steht im Friedensvertrag und dieser ist unterschrieben." So mußte das arme Reichthal blutenden Herzens sich in sein trauriges Schicksal fügen. Ihr deutschen Brüder und Schwestern, wenn uns auch die Grenzpfähle trennen, so werden wir Euch nie vergessen und immer wissen, dass Ihr deutschen Blutes und deutschen Stammes seid.

Quelle: "Grenzlandheimat" Heimatblätter für Stadt und Kreis Namslau
Februar 1939