GIESDORF.
PROVINZ SCHLESIEN. - REGIERUNGS-BEZIRK BRESLAU. - KREIS NAMSLAU.
Das Allodial-Rittergut Giesdorf liegt eine Viertelmeile von Naraslau an der nach Creuzburg führenden Chaussee. Der Weida-Fluss durchströmt sein Terrain, bildet hier mit seinen theilweise hohen Ufern sehr hübsche Uebersichten über Wiesen, Erlenbrüche und Wasserbassins und treibt im Thale eine bedeutende Wassermühle. Der Schlossbau, nach dem jetzigen Stil, wurde von dem gegenwärtigen Besitzer im Jahre 1853 begonnen und Ende 1856 vollendet.

Das Gut hat einen Flächenraum von ca. 2400 Morgen Land, 1800 Morgen Acker, 400 Morgen Wald und 200 Morgen Wiesen; davon ein Theil an dem Weidaflusse gelegen. Der Acker ist meist guter Roggenboden, einem Theil nach auch Weizenboden. Giesdorf hat in landwirth-schaftlicher Cultur sich schon einen Namen in der ganzen Gegend erworben; vornehmlich aber ist es bekannt und berühmt durch eine ausgezeichnete Schafherde, die weit und breit Zuchtvieh absetzt. Die oben erwähnte Wassermühle, die sogenannte Grapka Mühle, gehört auch zu dem Domi-nium; auch befindet sich in der Nähe der Weida eine gut eingerichtete Ziegelei, und auf dem der Weida anliegenden Terrain ein neu erbautes Vorwerk, Paulinenhof nach der verstorbenen ersten Frau des jetzigen Besitzers genannt.

Von den Besitzern Giesdorfs kann aus älterer Zeit nur wenig berichtet werden, da eigentliche Urkunden nicht vorliegen. 1649-1635 war der Besitzer des Gutes ein Freiherr George Constantin von Huff und im Jahre 1688 ein Freiherr Adam von Huff. Weiter ist bekannt, dass vom 8. Juli 1776-1788 ein Freiherr von Sierstorph und vor ihm ein Freiin von Spaettgen das Gut 'besessen haben. Dann besass es Ludwig August von Warnery, Königlich - Preussischer Major von der Armee, aus einer adlichen Familie des Pays de Vaud stammend, welcher am 17. Mai 1792 in Giesdorf starb. Nach der Inschrift auf dem neben dem Kirchhof ihm gesetzten Denkmal (einem liegenden Stein, umgeben von vier gewaltigen Löwen) war er 1724 zu Morges in der Schweiz geboren. Er war ein Bruder des seiner Zeit berühmten Militairschriftstellers Carl Emanuel von Warnery, welcher, geboren 1720 zu Morges, in sardinischen, österreichischen, russischen und preussischen Diensten (in letztern 1742-1758) sich auszeichnete, zuletzt in polnische Dienste trat und als Generalmajor 1786 in Breslau starb. Ludwig August hatte in dem Husaren-Regimente seines Bruders gedient, nachdem er wahrscheinlich durch diesen in preussische Dienste gezogen worden. (Schlesische Provinzialblätter, Bd. 3 p. 473 und 15 p. 482).

Nach des Majors von Warnery Tode 1792 besass Giesdorf seine Witwe Josepha von Warnery (Zimmermanns Beiträge zur Beschreibung Schlesiens B. 10, 1795) und darauf bis zum Jahre 1834 Louise Henriette Christine geb. von Warnery, vermählt mit einem Grafen von Loucey, den sie überlebte. Im Jahr 1834 kaufte das Rittergut ein Herr Carl August Julius Müller, der im Jahre 1838 in Giesdorf starb und in der neuen Gruft begraben liegt, und von den Erben desselben hat es im Jahre 1839 der jetzige Besitzer, Herr Alexander Willert, Königlich-Preussischer Premier-Lieutenant a. D., der auch Herr auf Buchelsdorf ist, gekauft.


Die neue (katholische) Kirche des Dorfes ist im Jahre 1804 in einem freundlichen Style von Josepha von Warnery erbaut worden. Die alte Kirche stand auf einem andern Platze, und von ihr befindet sich auf dem auch jetzt als Beerdigungsplatz gebrauchten früheren Kirchhof noch eine überbaute herrschaftliche Gruft, in welcher sich sehr alte kupferne Särge befinden; die jetzige herrschaftliche Gruft ist in der neuen Kirche. Auf dem Kirchhof ist auch das Grab und Denkmal der im Jahre 1845 den 21. Juli verstorbenen ersten Frau des gegenwärtigen Besitzers, Pauline Wilhelmine, einer gebornen Du Port.

erschienen im Zusammenhang mit der Lithographie über das Schloss