Das Lastenausgleichsarchiv hat im Juni 1989 in Bayreuth als Außenstelle des Bundesarchivs
seine Arbeit aufgenommen. Seine rechtliche Grundlage ist das Gesetz über die zentrale
Archivierung von Unterlagen aus dem Bereich des Kriegsfolgenrechts vom 06. Januar 1988
(BGBl. I S. 65).
Welche Aufgaben erfüllt das Lastenausgleichsarchiv?
Aufgabe des Lastenausgleichsarchivs ist es,
den im Rahmen des Lastenausgleichs erfassten Gesamtschaden in den Ostgebieten
des Deutschen Reiches und in den ost- und südosteuropäischen Siedlungsgebieten,
das Vertreibungs- und Aussiedlerschicksal,
die gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnisse in den Jahrzehnten
bis zum Beginn der Vertreibungsmaßnahmen,
die Lebensumstände der Deutschen in den Aussiedlungsgebieten zwischen Kriegsende
und Aussiedlung
und die Tätigkeit und Wirkungsweise der gesamten Ausgleichsverwaltung zu
dokumentieren und diese Akten der wissenschaftlichen Forschung zugänglich zu machen.
Was gibt es im Lastenausgleichsarchiv?
Den umfangreichsten Bestand bilden die Akten der Ausgleichsverwaltung:
Feststellungsakten der Ausgleichsämter (30.000 lfm.)
Die Schäden an landwirtschaftlichem Vermögen sowie an Grund- und Betriebsvermögen
(Schäden an Einheitswerten) sind vollständig überliefert.
Besondere Leistungsbereiche des Lastenausgleichs, wie z. B. Altsparergesetz, Hausratentschädigung
oder Wohnraumhilfe, sind in Auswahlmodellen archiviert.
Heimatauskunftstellen (1.100 lfm.)
34 Heimatauskunftstellen waren jeweils für ein bestimmtes Heimatgebiet zuständig
und hatten die Aufgabe, die Anträge der Vertriebenen auf Schadensfeststellung
zu begutachten. Neben den Generalakten sind Grund- und Betriebslisten, Adressbücher
und Kartenmaterialien überliefert.
Hauptamt für Soforthilfe/Bundesausgleichsamt (95 lfm.)
Die Überlieferung dient als wichtige Quelle über die Maßnahmen zur
Linderung der unmittelbaren Not nach dem Zweiten Weltkrieg und zur Entschädigung
und Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen.
Heimatortskarteien (5.000 lfm.)
Der Personenstand und die personellen Verluste in den Vertreibungsgebieten dokumentieren
die Unterlagen der Heimatortskarteien. Es handelt sich bei den Suchdienstunterlagen
um ein Gemeinschaftswerk der kirchlichen Wohlfahrtsverbände.
Auf ca. 22 Millionen Karteikarten sind mit den wichtigsten persönlichen
Daten der Personenstand in den Heimatgebieten vor der Vertreibung sowie das
individuelle Vertreibungsschicksal der Betroffenen weitgehend vollständig belegt.
Ost-Dokumentation (145 lfm.)
Die in den fünfziger Jahren entstandene Ost-Dokumentation stellt eine aussagekräftige
Quelle für das Schicksal der deutschen Vertriebenen dar. Sie enthält:
Fragebogen- und Erlebnisberichte zur Dokumentation der Vertreibung der Deutschen
aus Ostmittel- und Südosteuropa,
Unterlagen zur Flucht über die Ostsee,
Berichte über Verwaltung, Wirtschaft und zum Zeitgeschehen 1919-1945 in
den Gebieten östlich von Oder und Neiße,
Berichte über das Leben der deutschen Volksgruppen in der Tschechoslowakei
(1918-1945),
Gemeindeseelenlisten (z. T. mit Ortsplänen) mit Angaben über den Personenstand
der Gemeinden vor der Vertreibung.
Familienforschung
Will man sich heute der Familienforschung widmen, stößt man auf zahlreiche
Schwierigkeiten.
Nicht nur, dass viele Angehörige nicht mehr leben, um Auskünfte zu geben,
auch sind viele Quellen nicht mehr vorhanden. Bei der Suche vor Ort trifft man auf
sprachliche Barrieren, die oft nicht leicht zu überwinden sind.
Bei der Arbeit mit den Akten des Lastenausgleichsarchives (LAA) muss mit weiteren
Problemen gerechnet werden, da die meisten Eintragungen aus der näheren oder ferneren
Erinnerung geschahen, sodass zum Beispiel viele Angaben in einer anderen Schreibweise
vorliegen oder Gebäude im Ort verrückt wurden.
Außerdem unterliegen die Akten des LAA dem Archivgesetz. Dies bedeutet, dass
Bestände von Personen, deren Tod nachweislich weniger als 30 Jahre zurückliegen,
gesperrt sind. Ist der Tod nicht nachweisbar, gilt eine Sperrfrist von 110 Jahre nach
der Geburt des Akteninhabers.
Ausnahmen gibt es für die Ostdokumentation und die Heimatortskartei. Für
die Ost-Dok gelten keine Benutzungsbeschränkungen, für die Heimatortskartei
keine Sperrfristen.
Wer einen Antrag auf Ausgleich gestellt hat, musste diverse Angaben zu seiner Person
machen, wie Name, Vorname, Wohnort (ehemalige und derzeitige), manchmal wurden Ehepartner
und Kinder angegeben. Zu den Besitzangaben, für deren Verlustsausgleich der Antrag
gestellt wurde, gehören auch Beweismittel wie Fotos, Versicherungsscheine, Zeugenaussagen
und Erbscheine. Diese Angaben können der Familienforschung sehr dienlich sein.
Zur Ostdokumentation (Ost-Dok)
In Bayreuth liegen die Nummern 1-21 der Ost-Dokumentationen. Die wichtigste Quelle
für die Ahnenforschung sind die Gemeindeseelenlisten, die in der Ost-Dok 3 dokumentiert
sind.
Die Ost-Dok 1 beinhaltet Berichte über das Vertreibungsgeschehen geordnet nach
den Berichterstattern (zu Ostpreußen liegen mehr als 5.600 Berichte vor), in
der Ost-Dok 2 sind die Berichte nach Gemeinden geordnet.
Die Findbücher zu den Ost-Dokumentationen 1-3 sind nach Provinzen, Kreisen und
Orten gegliedert.
Berichte zur Flucht über Dänemark, Evakuierungstransporte mit Listen der
Flüchtlinge und Transportschiffe sind in der Ost-Dok 4 enthalten.
Diese Berichte eignen sich zur Klärung der Lebens- und Vertreibungsumstände,
sind allerdings nicht nach Personennamen geordnet.
Die Heimatortskarte des Kirchlichen Suchdienstes (HOK)
Rund 22 Millionen Karteikarten, auf denen Personen gesucht werden, umfasst die HOK.
Nachrichten über Kriegsgefangene und Verstorbene, Transportlisten, Kinder- und
Pfarrkarteien zu verschiedenen Provinzen sind außerdem enthalten. Für größere
Städte liegen neben der reinen Namenskartei auch Straßenkarteien vor.
Die Karteikästen zu Ostpreußen sind nach Kreisen und darin nach Orten unterteilt.
Eine Karteikarte dokumentiert in den meisten Fällen Angaben zu Familiennamen,
Namen, Geburtsnamen, - datum, -ort, Adresse zum Stand 1939, während der Vertreibung
sowie verschiedene Adressen im Bundesgebiet nach 1949. Einige Adressangaben wurden
stets aktualisiert. Angaben zum Familienstand, zu Ehepartnern und Kindern und zur Konfession
sind möglich.
Heimatauskunftsstellen (HAST)
41 dieser Stellen wurden geschaffen, um Besitzstrukturen mit den neuen Machthabern
in den historischen Ostprovinzen zu klären. So wurden Grundbuchauszüge und
Zeugenaussagen gesammelt, die in Ortslisten Besitzverhältnisse an Grund- und Betriebsbesitz
anzeigen.
Adressbücher
Neben den wichtigen Akten besitzt das LAA einen großen Bestand an Adressbüchern,
durch die im Glücksfall Standesämter erschlossen werden können.
Jedoch liegen die Adressbücher der meisten Städte der historischen Ostgebiete
nicht vor.
Bei Fragen können sich Interessierte an Dr. phil. Andreas Leipold wenden, andreas.leipold1982@web.de,
der uns freundlicherweise seine Informationen zur Verfügung gestellt hat.
Außenstelle Bayreuth (Lastenausgleichsarchiv)
Dr.-Franz-Straße 1
95445 Bayreuth
Tel.: 0921/4601-0
Fax: 0921/4601-111
laa@bundesarchiv.de
Öffnungszeiten:
Mo. - Do.: 08:00 Uhr - 17:00 Uhr
Fr.: 08:00 Uhr - 15:00 Uhr
http://www.bundesarchiv.de/benutzung/zeitbezug/nationalsozialismus/02655/index.html.de
Quelle: LO Nachrichten 12/2011
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