Zwei polnische Rundfunkreporter vom Sender Breslau haben eine neue Sendereihe unter
dem Titel "Entdeckungsreisen in Schlesien" begonnen, in der sie über
nieder-schlesische Kleinstädte berichten wollen.
Als erstes waren sie in Namslau und verglichen anhand von mitgebrachten Vorkriegsfotos
das heutige mit dem einstigen Aussehen. Es ist für uns hoch interessant zu lesen,
was diese beiden Polen als gewiß unverdächtige Zeugen über unser Heimatstädtel
zu sagen hatten:
"Natürlich ist noch immer ersichtlich, daß das Deutschtum diese Stadt
geprägt hat. Es war direkt ein Abenteuer, in Namslau nach spezifisch polnischen
Symptomen zu suchen. Ich fand zwar überall unsere Lebensart, aber ich fand auch,
daß sie dieser Stadt nicht gut bekommen ist.
Wenn ich die Aufnahmen aus früherer Zeit mit den gegenwärtigen Verhältnissen
vergleiche, so meine ich, daß deutsche Ordnung und Sauberkeit gar keine so schlechte
Sache war. So verstehe ich zum Beispiel nicht, daß die beiden protestantischen
Kirchen in Namslau leerstehen, ausgeplündert sind und gegen unsere Bemühungen
zeugen. Muß das sein?"
Im Staatshotel, dem alten "Hotel Grimm", muß dann der polnische Reporter
- immer seiner eigenen Schilderung zufolge - erleben, daß ein Stadtverordneter
ihm aus den protestantischen Kirchen geraubte Kultgeräte, darunter auch ein wertvolles
Altarbild, zum Verschachern anbietet. Soweit der eine.
Der andere Reporter besuchte vor allem Industriebetriebe und Werkstätten in Namslau.
Er spricht von einer kreditbedürftigen Maschinenfabrik und einer mit vollen Touren
produzierenden Spielzeugfabrik, wo er die Arbeiter mit der an sich verbotenen Herstellung
von militärischem Kinderspielzeug beschäftigt sieht. Er fragt, ob es nicht
besser wäre, in der Fabrik - wie früher - Seife herzustellen. Also wird es
sich wohl um die frühere Seifenfabrik von Weiß, später Proske handeln.
Brauerei und Kartoffelflockenfabrik sollen wie früher arbeiten. Nach den ursprünglichen
Plänen hätten diese beiden Betriebe auch nicht mehr bestehen dürfen,
da alles geändert werden sollte. So zählte der Reporter auf flüchtigen
Rundgängen 34 Schnapsverkaufsstellen, so daß auf je 100 Einwohner ein Schnapsladen
komme. Nach den weiteren Feststellungen der beiden polnischen Reporter ist das Rathaus
zwar renoviert worden; sie kritisieren aber den immer noch nicht in Gang gekommen Aufbau
von Wohnhäusern und die Vernachlässigung von Parkanlagen und der Burg, die
durch Einrichtung von Wohnungen ihren historischen Charakter eingebüßt habe.
Zum Abschluß der Sendung des jetzt polnischen Senders Breslau über unser
geliebtes Heimatstädtel hieß es:
"Namslau gehört zu den städtischen Kleinodien, die wir 1945 übernommen,
aber nicht richtig gepflegt haben. Wir hätten in unserem eigenen Interesse großzügiger
sein und nicht alle Deutschen ausweisen sollen. Viele von ihnen wären sicherlich
gerne in ihrer Heimat geblieben und hätten in gemeinsamer Arbeit mit uns verhindern
können, daß die Stadt heute bei einem Vergleich mit früher so schlecht
abschneidet." Wir haben dem nichts hinzuzusetzen.
14 Nach dem Artikel "Abenteuer in Namslau" in der Schlesischen
Rundschau vom 15. Januar 1958, Namslauer Heimatruf Nr. 6, S.6
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