Rückblick anlässlich 500 Jahre der Namslauer Priveligierten Schützengilde von 1434.

Arthur Hosemann, der Schützenmeister der Namslauer Schützengilde von 1928 bis zum 19. Januar 1945, dem
Tag der Vertreibung aus Namslau, hatte anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Namslauer Schützengilde
Ende Mai 1934 der „Namslauer Druckereigesellschaft“ zu Händen von Herrn Otto einen Auszug aus der Namslauer
Schützenchronik zur Veröffentlichung für Bürgerinnen und Burger unserer geliebten Heimatstadt übergeben.
Das Manuskript ist durch Arthur Hosemann nach der Vertreibung reproduziert und ergänzt worden. Es wird
im Namslauer Archiv des Patenkreises Euskirchen aufbewahrt.
Die Orginalfassung aus dem Jahre 1934 lautet

     Seit langen Wochen hörte man es im Städtchen hier und dort und jetzt überall:"Schützenwoche - 500Jahrfeler -Schützenfest - Königsschießen". 500jährige Geschichte der Heimatstadt zwingt alle in ihren Bann. Alt und jung sucht in der Erinnerung vergangener Zeiten und da steigt manches Geschehen, manche heitere wie auch ernste Stunde in Verbindung mit unserer altehrwürdigen Schützengilde in Gedanken auf. Und nun soll in diesen Festtagen manches Vergessene lebendigen Ausdruck finden, soll durch Jahrhunderte beschütztes deutsches Volkstum beredtes Zeugnis heimatverbundener Volksgemeinschaft ablegen. Auch heut soll daher vergangener Tage unserer Schützengilde in nachstehender kurzer Darstellung gedacht fein:
       "Daß die Stadt Namslau zu den ältesten Städten Schlesiens gehört, ist schon oft dargethan worden, denn anno 1200 wird sie schon in der Schles. Chronik als Stadt bezeichnet. 1350 wurde Namslau auf Befehl des Kaiser Karl IV. stark befestigt und mit Wällen umgeben. 1364 besuchte Kaiser Karl IV. die Stadt Namslau, um ihre Festungswerke in Augenschein zu nehmen, befahl, daß die vertrautesten Bürger sich bewaffnen und gleich den Soldaten die Stadt gegen jeden Feind verteidigen sollten. Eine Fahne, die aus dieser Zeit herstammt, wird auf dem Rathaus aufbewahrt. Bei großen Bürgerparaden sollte sie vorangetragen werden.
     Anno 1418, als die Stadt und das feste Schloß von den Hussiten belagert wurde, wird das erste Mal Erwähnung getan, daß die Bürgerschützen mit auf den Wällen und Mauern standen und die Stadt verteidigten, auch blieben einige tot auf dem Platze. Oft hört man noch von den Bürgerschützen in den Jahren 1432-1434, wo das erste Brüderschießen gehalten wurde.
     1534 am Tage Jacobi, heißt es in einem alten Aktenstück, begingen wir in sehr großer Trauer das 100jährige Jubelfest das Bestehen der Schützenbruderschaft, dieweil unsere Privilegien vom Kaiser Karl IV. und König Sigismund von Böhmen bei dem großen Brande anno 1483 mit verbrannten. Die Stadt würde mehrere Male belagert und immer wurde bei Verteidigung der Bürgerschützen wegen ihrer Tapferkeit gedacht.
     Anno 1634, heißt es welter, beging die Schützenbruderschaft ihr 200jähriges Jubelfest. Auch in diesem Jahre war wieder eine große Trauer um gefallene Bürger der Schützenbruderschaft, (1618-1648. 30jährigter Krieg) wo Schützen die Stadt verteidigten. Anno 1668 erhielt die Schützenbruderschaft neue Statuten, wo am Schlusse derselben der Name Schützengilde vorkommt. Die Statuten werden beim jeweiligen Schützenmeister in Verwahrung gehalten. In den Jahren 1742 bis 1750 wurden der Schützengilde alle alten Rechte von Sr. Majestät Friedrich dem Großen zugesichert, sie erhielt von da an jährlich 24 Reichsthaler Prämie aus der Kämmereikasse. Ferner "das Recht, alle Jahre 3 Gebräue Bier zu brauen und freien Disposition über den Schützenzwinger", wo allwöchentlich die Schießübungen abgehalten werden. (Der Schützenzwlnger umfaßte das jetzige Hotel Grimm und das Gelände, auf dem sich heute das Land-ratsamt und dessen Garten befindet. (Darunter unten näheres.)
     1813-14 und 15 mußten die Schützen alle Transporte der gefangenen Franzosen übernehmen.
1829 und 30, als die große Revolution in Polen ausbrach, wurden die Schützen als Sicherheitsorgane benutzt, andere Bürger konnten nicht verwendet werden, da es ihnen an Waffen fehlte. Im Jahre 1834 wollte man die Schützengilde in den Rechten. beschränken, sie schlug sich aber glänzend durch.
     Anno 1834 am 20. Juli beging die hiesige Schützengilde das 400jährge Schützen-Jubiläum und erhielt als Anerkennung für ihre Verdienste zum Andenken von Sr. hochseeligen Majestät Friedrich Wilhelm III, die Huldigungsmedaille von 1813, Wert 50 Reichstaler in Golde (zur Zeit Träger Schützenkönig Kamerad Landrat Dr. Jüttner). 1845 wurde die Uniform in folgender Form ausgeführt: Ein schwedischer Hut mit grünem Federbusch, Waffenrock mit schwarzem Kragen und Aufschlägen, rote Achselklappe mit dem Stadtwappen in Bronze, weiße und schwarze Beinkleider.
     Anno 1812, den 12. März versammelte sich die wohllöbllche Schützengesellschaft. Es wurde einstimmig beschlossen, daß sie sich nach dem Wunsch des allergnädigsten Königs wie in allen großen Städten uniformieren. Es wurde eine Kompagnie gebildet; es war nun freilich vortrefflich anzusehen, wenn sie mit ihrer Musik und fliegender Fahne Parade hatten. Das ganze Volk hinter den Schützen, doch allein es dauerte nur einige Jahre. so lange die Uniform neu und passend war, denn mehrere, die von starkem Körperbau gewesen, hätten sich alle Jahre eine neue Montierung schaffen, und dazu kam nun noch, daß die Herren Offiziers die Herren Schützen streng behandelten, es kam soweit, daß sie beim geringsten Vergehn Strafe erleiden sollten, wie wirklich das aktive Militär; über einige hielt man sogar Standrecht und mußten im strengen Arrest auf Latten aushalten. Die Schützen bekamen es so satt, daß einige die Montierung schnitten. Den größten Aerger hattet man, wenn einer in bürgerlicher Kleidung König wurde. Man gab sich alle erdenkliche Mühe beim Ausmessen, um denselben zurückzudrängen, überhaupt wenn der nächste ein Uniformierter war, es war aber nicht möglich und der Pfefferküchler Paul mußte als König eingeführt werden (1823.)
     Bei der 400 Jahrfeler am 20 Juli 1834 wählte man als Sinnbild für die Königsscheibe den Wilhelm Tell, wie er den Apfel seinem Sohne vom Kopfe schießt. Vor hundert Jahren 1834 wurde den Schützen durch den Königlichen Kreis-Landrat v. Ohlen und Adlerskron die Huldigungsmedaille ausgehändigt.. Durch dieses hohe Geschenk hoch erfreut, brachte man von der Schützengilde Sr. Majestät dem König, Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinzen, dem hohen Ministerium der Königlichen Regierung, dem Königlichen Landrat, einem wohllöblichen Magistrat und dem Begründer der Schützengilde vor 400 Jahren ein einstimmiges, unter Abfeuerung der Böller, erfreuliches Lebehoch.
Und seit dieser 400 Jahrfeler sind weitere 100 Jahre ins Land geflossen. Jahr um Jahr hielt die Schützengilde an ihrer Tradition fest. In Kriegs- und Friedenszeiten taten ihre Mitglieder treu die Pflicht gegen Volk und Vaterland Am Wiederaufbau im neuen dritten Reiche haben auch die Schützen ihren starken Anteil. Alljährlich fand das Schützenfest oder Königsschießen unter Anteilnahme der gesamten Bevölkerung statt Nach frohen Stunden folgten leider auch ernste; ein Schützenkamerad nach dem anderen wurde hinausgetragen zur letzten Ruhe, aber immer fanden sich Volksgenossen, die Bannerträger der Vorfahren wurden. Und so soll es immer bleiben zum Ruhme unserer Schützengilde und damit unserer Heimatstadt Namslau. Darum seid alle dabei nach alter deutscher Art und Sitte bei der Halbjahrtausendfeier der Schützengilde.